Dr. Christoph Kölbel


Familienrecht – Einzelbereiche



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Querschnittsmaterie

Familienrecht ist eine Querschnittsmaterie mit Problemstellungen jenseits des Familienrechts. Sind einkommensteuerlich erfasste Einkünfte stets auch Einkünfte im unterhaltsrechtlichen Sinn und umgekehrt?  Wie ist mit gemeinsamen Beteiligungen bzw. Berechtigungen der Eheleute (z. B. an Gesellschaften, Immobilien, Konten, Krediten und Mietverhältnissen) im Trennungs- und Scheidungsfall umzugehen? Sind Geschenke unter Ehegatten auch Schenkungen im Sinne des Zugewinnausgleichsrechts? Bestehen in Bezug auf Zuwendungen bei Scheitern der Ehe Rückgewähransprüche und wie sind diese familienrechtlich zu berücksichtigen? Wie steht es bei Rechten aus Nießbrauch oder Wohnrecht?



Übergang des Freiberuflers in den Ruhestand 

Ist der Erlös aus dem Verkauf der Praxis für den Unterhalt einzusetzen? Viele Ärzte / Rechtsanwälte / Notare betreiben Vermögensbildung auch zum Zwecke der privaten Altersvorsorge.  Ein Baustein dieses Konzepts ist nicht selten der in Gestalt der Praxis / der Kanzlei / des Büros geschaffene Vermögenswert. Dieser wird dann bei Übergang in den Ruhestand „versilbert“.  Einkommensteuerrechtlich gehört der Erlös regelmäßig zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit. Deshalb kommt auch die Einordnung als unterhaltspflichtiges Einkommen in Betracht. Andererseits ist der Erlös wirtschaftlich nur das Surrogat des zuvor in Gestalt des veräußerten Betriebes vorhanden gewesenen Vermögenswerts. Das Geld ist an die Stelle des Betriebs getreten. Unterhalt ist aus den laufenden Einkünften (einschließlich Kapitaleinkünften) zu zahlen und grundsätzlich nicht aus dem Vermögen. Letzteres unterliegt bei Beendigung der Ehe grundsätzlich dem Zugewinnausgleich. Dieser ist bei Selbstständigen nicht selten durch Ehevertrag ausgeschlossen oder modifiziert.



Neue Regeln für den Zugewinnausgleich

Mit einer zum 01.09.2009 in Kraft getretenen Gesetzesänderung wurden bestehenden Ehen nachträglich neue Spielregeln untergeschoben. Bis dahin galt beim Zugewinnausgleich, dass Vermögensschwund, der während der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens eintritt, die Höhe der Ausgleichsforderung beschränken kann. Nach der genannten Gesetzesänderung sind Vermögensminderungen grundsätzlich nur noch dann zu berücksichtigen, wenn diese bis zur gerichtlichen Zustellung des Scheidungsantrags eingetreten sind. Dieses kann den ausgleichspflichtigen Ehegatten unangemessen benachteiligen, so unter Umständen bei einem Börsencrash nach diesem Stichtag. Der BGH (XII ZR 80/10) hält jetzt in solchen Fällen die Einrede grober Unbilligkeit für denkbar.



Doppelverwertungsverbot

Ist es zulässig, Verbindlichkeiten gleichzeitig bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs und bei der Berechnung des Unterhalts in Ansatz zu bringen oder steht dem das sogenannte Doppelverwertungsverbot entgegen? Beispiel: Ein Kreditsaldo kann das Endvermögen mindern, sodass weniger Zugewinnausgleich zu zahlen ist. Eine monatliche Kreditrate kann unterhaltsmindernd berücksichtigt werden. Ist beides gleichzeitig möglich? Die Entwicklung der Rechtssprechung scheint bisher nicht abgeschlossen, sodass im Einzelfall gute Argumente gefragt sind.



Ehevertrag oder geplante Scheidung?

Wer wirtschaftlich erfolgreich war, sieht bei Scheitern der Ehe oft sein Lebenswerk gefährdet. Wie ist vorzusorgen? 

Viele sind überzeugt, dass ein Ehevertrag – und erst recht dessen nachträgliche Abänderung – nicht zu einer intakten Ehe passt. Doch ist die Ehe letztlich ohnehin ein – äußerst weitreichender – Vertrag zwischen den Ehegatten. Warum sollte man hier einfach die vom Gesetzgeber vorgegebenen „allgemeinen Geschäftsbedingungen“ gelten lassen? Diese passen nicht zu jeder Ehe.  Zudem wurden sie bereits mehrfach auch für bestehende Ehen (mit Rückwirkung) geändert. Was die Zukunft bringt, ist ungewiss. Hiergegen kann ein Ehevertrag schützen.

Doch: Wer durch Ehevertrag vorsorgt, muss im Ernstfall mit der richterlichen Inhalts- und Ausübungskontrolle rechnen. Nachlässig abgefasste Bestimmungen können sittenwidrig sein. Nach Vertragsschluss eingetretene Veränderungen können dazu führen, dass eine Berufung auf das Vereinbarte verwehrt wird. Eine wiederholte Überprüfung im Verlauf einer längeren Ehe unter Berücksichtigung der Entwicklung in Gesetzgebung und Rechtsprechung ist angezeigt. 

Die Alternative zum Ehevertrag besteht in versteckter Vorsorge. Darin kann gegenüber dem Ehegatten ein Vertrauensbruch liegen. Deshalb wird dieser Weg meist erst in den Blick genommen, wenn das Ende der Ehe ansteht. Die Grenze zum Illegalen ist dann schnell überschritten. Aber gerade für Selbständige gibt es vielfältige Möglichkeiten zur langfristigen Gestaltung. Auch Angestellte in gehobener Position sollten Gestaltungsmöglichkeiten in Bedacht nehmen, 

Natürlich schließen sich beide Vorsorgemöglichkeiten – Ehevertrag und verdeckte Vorsorge – nicht wechselseitig aus. Beides kann gleichzeitig sinnvoll sein.



Wann ist Mediation sinnvoll?

Der – neutrale – Mediator kostet die Parteien Geld.  Seine Beauftragung macht eine eigene fachliche Beratung der Parteien nicht entbehrlich, wenngleich eine solche auch nicht vom neuen Mediationsgesetz vorgeschrieben ist. Die Mediation ist nur sinnvoll, wo die Beteiligten ohne diese nicht weiterkommen und darüber hinaus Aussichten bestehen, dass der Mediator aus der Sackgasse heraushelfen kann. Dieses setzt voraus, dass der Mediator die verhärteten Fronten aufzuweichen und die Parteien zu der erforderlichen konstruktiven Mitwirkung veranlassen kann. Anders als der eigene Anwalt vermag er auch „hinter den Fronten“ einzuwirken. Die Chance liegt insbesondere darin, dass der hinter dem gegnerischen Anwalt stehende Mandant durch den Mediator besser erreicht werden kann. Geeignet für eine Mediation dürften Fälle sein, in denen der Eindruck besteht, dass der gegnerische Rechtsanwalt seinen Mandanten nicht sachgerecht berät, dieser sich aber einer sachgerechten Beratung nicht verschließen würde, wenn sie ihn erreicht. Hingegen dürfte eine Mediation dort weniger sinnvoll sein, wo im Kompromisswege nicht zu überbrückende unterschiedliche Rechtsauffassungen bestehen oder sich zumindest eine der Parteien nicht ohne vorherige richterliche Sachaufklärung verständigen will.



Vermögensbewertung – Unternehmensbewertung

Findet bei Beendigung der Ehe der Zugewinnausgleich statt, ist das Endvermögen eines jeden Ehegatten zu ermitteln. Erforderlich ist eine Bewertung der einzelnen Gegenstände. Bei Immobilien und Betrieben ist die Wahl der Bewertungsmethode entscheiden. Im Gerichtsverfahren obliegt deren Auswahl dem Richter. Für freiberufliche Praxen hat der BGH die modifizierte Ertragswertmethode für grundsätzlich vorzugswürdig erklärt (XII ZR 185/08). Ob im Einzelfall abweichendes zu gelten hat, muss geprüft werden.

Bei der Wertbestimmung ist auch die Frage eines abzusetzenden Unternehmerlohns zu diskutieren. Nach BGH ist dieser individualisiert nach den persönlichen Verhältnissen zu ermitteln. 

Zu berücksichtigen sind auch steuerliche Gesichtspunkte. Von dem ermittelten Praxiswert sind unabhängig von einer Veräußerungsabsicht latente Ertragssteuern in Abzug zu bringen. Deren richtige Erfassung wirft vielfältige Fragen auf. 

Schließlich ist in den Blick zu nehmen, ob und inwieweit Korrekturen nach Maßgabe des sogenannten Doppelverwertungsverbots veranlasst sind. Zu beantworten ist die Frage, wie eine sich nach den laufenden Einkünften bestimmende Unterhaltspflicht des Unternehmers zu vereinbaren ist mit einer nach Maßgabe des Ertragswerts erfolgenden Einbeziehung des Unternehmenswertes in den Zugewinnausgleich. Es gilt zu vermeiden, dass der andere Ehegatte ungerechtfertigt doppelt profitiert.



Rückforderung von Zuwendungen der Schwiegereltern

Können Schwiegereltern Zuwendungen an das Schwiegerkind bei Scheitern der zwischen diesen und ihrem Kind bestehende Ehe zurückfordern? Der BGH (XII ZR 189/06) bejaht dies unter bestimmten Voraussetzungen. Allerdings besteht der Anspruch je nach Lage des Einzelfalls nur teilweise. Sowohl die Eltern als auch das rückgewährpflichtige Schwiegerkind werden zu bedenken haben, wie sich eine bestehende Rückgewährpflicht auf den Zugewinnausgleich – also auf das Verhältnis zwischen Schwiegerkind und Kind – auswirkt und wie hier ggf. zu taktieren ist.



Vertrauen auf weitere Unterhaltszahlungen

Der Unterhaltsverpflichtete wird in aller Regel gut beraten sein, hinsichtlich der Frage, ob er weiterhin Unterhalt in bisheriger Höhe zahlen muss, „dicht am Ball zu bleiben“. Zahlt er etwa seinem bisherigen Ehegatten laufend Unterhalt, der nach einem bestimmten Zeitpunkt an sich der Höhe nach nicht mehr gerechtfertigt ist, weil der Ehegatte seither an sich gehalten war, seine bisherige Erwerbstätigkeit auszudehnen, dann kann die Überzahlung aufseiten des Ehegatten einen Vertrauenstatbestand dahin gehend begründet haben, dass er wegen der weiter erfolgten Unterhaltszahlung eben seine Erwerbstätigkeit nicht ausdehnen musste. Im Extremfall kann es dann sogar – beispielsweise wegen Alters oder Krankheit des Ehegatten – zu spät sein, diesen überhaupt noch auf Unterhaltsreduzierung in Anspruch zu nehmen. (OLG Köln 14 WF 191/98)



Verjährung und Verwirkung von Unterhaltsansprüchen

Nach der Rechtsprechung des BGH (XII ZR 152/04) wird sich der Unterhaltsberechtigte häufig mit der Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche nicht bis zum Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist Zeit lassen können. Vielmehr besteht die Gefahr, dass er sein Recht auf Unterhaltsrückstände aus Zeiten, die länger als 1 Jahr zurückliegen, unter dem Gesichtspunkt der „Verwirkung“ nicht mehr einfordern kann.



Unterhalt aus Vermögen / Elternunterhalt

Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, Unterhalt müsse nicht aus dem Vermögensstamm, sondern nur aus Einkünften (aus Vermögen) entrichtet werden. Nach BGH (XII ZR 150/10) muss ein Unterhaltspflichtiger grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen. Eine Ausnahme gilt beim nachehelichen Ehegattenunterhalt, wo eine allgemeine Billigkeitsgrenze (§§ 1577 Abs. 3 und 1581 S. 2 BGB) gilt.  Eine solche Grenze gibt es insbesondere beim Verwandtenunterhalt nicht. Dort ist der Unterhaltspflichtige nur dann nicht leistungsfähig, wenn er bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Hierzu außerstande ist jedoch nicht, wer über verwertbares Vermögen verfügt. Diese Grundsätze gelten bei dem Unterhalt, der dem betreuenden Elternteil eines nicht ehelichen Kindes zusteht (§ 1615 l BGB) entsprechend.

Der BGH hat in der genannten Entscheidung ferner entschieden, dass verwertbares Vermögen eines Unterhaltspflichtigen, der selbst bereits die Regelaltersgrenze erreicht hat, in der Weise für den Elternunterhalt – also für den Unterhalt, den ein Elternteil des Unterhaltspflichtigen von diesem zu beanspruchen hat – eingesetzt werden kann, als dieses in eine an der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen orientierte Monatsrente umgerechnet und dessen Leistungsfähigkeit aufgrund des so ermittelten (Gesamt-) Einkommens nach dem für den Einkommenseinsatz geltenden Grundsätzen bemessen wird.



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